Montag, 16. Januar 2012

Fortsetzungsnovelle Kapitel 1: Das Haus auf dem Berg (16. Januar 2012)

Tausende Menschen rasen täglich vorbei an diesem Haus. Einen Stau gab es hier noch nie, auch keinen Unfall, vom ersten Tag an, als die neue sechsspurige Autobahn vor knapp 20 Jahren freigegeben wurde. Millionen Menschen müssen es in all der Zeit gesehen haben, wenn sie die lang gezogene Kurve aus dem Westen kommend in den Harz fuhren, denn es steht auf einer Anhöhe, knapp 100 Meter über der Bahn. Nun, es ist nur ein Haus – keine Burg, kein Schloß, es hat nichts Besonderes an sich, außer das es schon sehr verfallen ist, denn seit fast 70 Jahren ist dort kein Mensch mehr gewesen. Nur einige Tiere des Waldes haben dort ein zu Hause gefunden. Sie stören die Leichen dort weniger, die mittlerweile bloß noch äußerst poröse Skelette sind.

Werner hatte eine ungefähre Vorstellung, wo das Haus liegen könnte, auch wenn der, der die Wegbeschreibung mit sehr zittrigen Händen geschrieben haben musste, eine Autobahn in dieser Gegend nicht einmal erahnen konnte. Als Werner aus der Kurve kam und es sah, wusste er sofort, dass er am Ziel war. Aber auch er fuhr vorbei, nur deutlich langsamer, etwa mit 50 Stundenkilometern. Gerne hätte er auf dem Standstreifen kurz angehalten, nur gab es diesen an dieser Stelle in diesem bergigen Land nicht. Aber er konnte im Dämmerlicht des Abends noch einen schmalen Weg erahnen, der von irgendwo kommend nach etwa 150, 200 Metern in einem Wald verschwindet und von dort – vielleicht – zum Haus auf dem Berg führt?
Morgen wird Werner versuchen, dort hin zu kommen, ohne eigentlich zu wissen, was er eigentlich in dem Haus sucht. Was würde ihn dort bloß erwarten? In seinem Haus.

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